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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 23.12.2008
Aktenzeichen: 2 M 235/08
Rechtsgebiete: LSA-VwVG


Vorschriften:

LSA-VwVG § 23
LSA-VwVG § 58
1. Ersuchen um Vornahme von Vollstreckungshandlungen durch andere Behörden sind keine Verwaltungsakte, sondern zwischenbehördliche Akte der Rechtshilfe (so auch BVerwG, Urt. v. 18.11.1960 - VII C 184.57 -; a.A.: BFH, Urt. v. 12.07.1983 - VII R 31/82 -).

2. Mangels Verwaltungsaktqualität sind die Anträge dem Vollstreckungsschuldner nicht bekannt zu geben (a.A: BFH a.a.O.).

3. Der Vollstreckungsschuldner wird dadurch nicht rechtsschutzlos. Rechtsschutz wird insoweit durch die allgemeine Leistungsklage in Form der Abwehrklage gegen die bereits erfolgte schlicht-hoheitliche Maßnahme der Vollstreckungsbehörde und in Form der vorbeugenden Unterlassungsklage gegen künftige Ersuchen der Vollstreckungsbehörde gewährt.


Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Mit Beschluss vom 01.10.2008 hat das Verwaltungsgericht Magdeburg den Antrag, die Aussetzung der Vollziehung der "Verwaltungsakte" der Antragsgegnerin vom 19.02.2007 und 29.01.2008 bis zum Abschluss des Verfahrens auszusetzen, abgelehnt. Die Gründe, die die Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts vorbringt und auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§146 Abs. 4 S. 6 VwGO), rechtfertigen keine andere Entscheidung.

Nach § 23 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 VwVG LSA hat die Vollstreckungsbehörde bereits getroffene Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben, sobald die gerichtliche Entscheidung unanfechtbar geworden oder die Leistungspflicht in voller Höhe erloschen ist. Im Übrigen bleiben die Vollstreckungsmaßnahmen bestehen, soweit nicht ihre Aufhebung ausdrücklich angeordnet worden ist (§ 23 Abs. 2 S.2 VwVwG LSA).

Ein Anspruch des Antragstellers, im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes den Antrag der Antragsgegnerin an das Amtsgericht Aschersleben auf Eintragung einer Sicherungshypothek in Höhe von 156.757, 24 € vom 19.03.2007 sowie den Antrag der Antragsgegnerin auf Anordnung der Zwangsversteigerung für das Grundstück des Antragsstellers an das Amtsgericht Aschersleben vom 29.01.2008 für unzulässig zu erklären, besteht nicht.

Nach § 58 Abs. 2 VwVG LSA stellt die für die Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen erforderlichen Anträge der Gläubiger die Vollstreckungsbehörde - hier die Antragsgegnerin -. Nach Satz 2 hat sie hierbei zu bestätigen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung vorliegen. Nach Satz 3 unterliegen diese Fragen nicht der Beurteilung des Vollstreckungsgerichts oder des Grundbuchamts.

Der Senat teilt die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 18.11.1960 - VII C 184.57 - NJW 1961, 332 m. w.N., nach juris, so auch Kruse, in: Tipke-Kruse, AO-Kom., § 322 Rdnr. 32 ff.; a. A. : BFH, Urt. v. 17.10.1989 - VII R 77/88 -m.w.N., BStBl. 90,44), dass das Ersuchen um Vornahme von Vollstreckungshandlungen durch andere Behörden - gegen die sich hier der Antragsteller wendet - keine Verwaltungsakte sind, sondern zwischenbehördliche Akte der Rechtshilfe, die weder unmittelbare Rechtswirkung nach außen haben noch an den Vollstreckungsschuldner zu richten sind. Die Anträge sind zwar wie die Sach- oder Forderungspfändung Maßnahmen der Zwangsvollstreckung (insoweit zutr. BFH, Urt. v. 12.07.1983 - VII R 31/82 - BStBl. 83, 653), sie sind aber nicht auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet (§ 35 VwVfG). Mangels Verwaltungsaktsqualität sind die Anträge dem Vollstreckungsschuldner nicht bekannt zu geben (a. A. : BFH Urt. v. 17.10.1989 a.a.O.). Sie richten sich an das Vollstreckungsgericht bzw. Grundbuchamt, die für das Vollstreckungsverfahren verantwortlich sind. Insoweit gilt für die Anträge der Vollstreckungsbehörde dasselbe wie für Amtshilfeersuchen, die ebenfalls keine Verwaltungsakte sind (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § RdNr.31. m. w. N.). Erst die Maßnahmen des Vollstreckungsgerichts oder Grundbuchamts sind auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet. Bei dem Antrag nach § 58 VwVG LSA handelt es sich um den verfahrensrechtlich gebotenen Antrag, wie ihn auch sonst jeder Gläubiger zu stellen hat. Auch dies spricht dagegen, den Antrag der Vollstreckungsbehörde als Verwaltungsakt zu qualifizieren (so Kruse, in: Tipke/ Kruse, a.a.O., § 322 RdNr. 31). Gegen einen Antrag nach § 58 VwVG LSA kann der Vollstreckungsschuldner daher weder durch Anfechtungsklage noch durch einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung vorgehen.

Andererseits bedeutet aber die Tatsache, dass die Anträge nicht auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet sind, nicht das Fehlen jeglicher Rechtsbeeinträchtigung. Diese liegt bereits in dem Antrag der Vollstreckungsbehörde, weil das Vollstreckungsgericht (Grundbuchamt) die Voraussetzungen der Vollstreckung nicht überprüfen darf. Rechtsschutz wird insoweit durch die allgemeine Leistungsklage in Form der Abwehrklage gegen die bereits erfolgte schlicht-hoheitliche Maßnahme der Vollstreckungsbehörde und in Form der vorbeugenden Unterlassungsklage gegen künftige Ersuchen der Vollstreckungsbehörde gewährt. Damit ist ausreichender Rechtsschutz gegen die Anträge der Vollstreckungsbehörde an das Vollstreckungsgericht bzw. Grundbuchamt gewährleistet (so auch, Kruse, in: Tipke/Kruse, a.a.O. § 322 RdNr. 33).

Mit der Leistungsklage korrespondiert allerdings auch ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Einen solchen Antrag hat der Antragsteller hier aber weder erstinstanzlich noch im Beschwerdeverfahren gestellt. Da die Sicherungshypothek hier bereits eingetragen und die Zwangsversteigerung angeordnet ist, würde es dem Antragsteller für einen solchen Antrag auch an dem erforderlichen Anordnungsgrund fehlen. Eine Sicherungsanordnung schützt nämlich allein vor solchen Beeinträchtigungen, die noch bevorstehen. Ist es - wie hier - bereits zu einer Rechtsbeeinträchtigung gekommen, ist eine Gefährdung der Rechtsverwirklichung nicht mehr möglich. Auch bei einer Regelungsanordnung dürfen die Nachteile noch nicht eingetreten sein, sondern müssen erst noch bevorstehen (vgl. Gatz, Vorläufiger Rechtsschutz nach § 123 VwGO, ZAP Fach 19, 559 ff.).

Im Übrigen vermag die Beschwerde auch keine beachtlichen Einwände gegen die Vollstreckungsersuchen der Antragsgegnerin geltend zu machen. Soweit der Antragsteller Einwendungen gegen den Leistungsbescheid erhebt, kann er diese im Vollstreckungshilfeverfahren nicht geltend machen. Für die Vollstreckung im Wege der Vollstreckungshilfe reicht es nach § 7 Abs. 1 Satz 3 VwVG LSA aus, dass die ersuchende Behörde der Vollstreckungsbehörde bescheinigt, dass der Leistungsbescheid vollstreckbar ist. Dies hat die Investitionsbank Sachsen-Anhalt mit der Seite Zwei ihres an die Antragsgegnerin gerichteten Amtshilfeersuchens vom 06.03.2007 getan. Die Bescheinigung der Vollstreckbarkeit soll sicherstellen, dass die ersuchte Vollstreckungsbehörde nicht mit der - und sei es auch nur summarischen - Prüfung der Rechtmäßigkeit des Leistungsbescheides und seiner Vollstreckbarkeit belastet wird. Mit Einwendungen gegen das Vorliegen der in § 3 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 VwVG LSA aufgeführten allgemeinen Voraussetzungen der Vollstreckung kann der Antragsteller mithin in diesem Verfahren nicht durchdringen (vgl. Nds.OVG, Beschl. v. 25.01.2006 - 9 ME 4216/05 - nach juris, zu einer vergleichbaren Rechtslage). Soweit der Antragsteller einwendet, die Voraussetzungen des § 58 Abs. 4 VwVG LSA hätten nicht vorgelegen, kann er damit ebenso wenig Erfolg haben. Die Zwangsversteigerung ist gegenüber der Vollstreckung in das bewegliche Vermögen zwar eine nachrangige Maßnahme. Nach § 58 Abs. 4 VwVG LSA soll die Vollstreckungsbehörde die Zwangsversteigerung nur beantragen, wenn festgestellt ist, dass der Geldbetrag durch Vollstreckung in das bewegliche Vermögen nicht beigetrieben werden kann. Da diese gesetzliche Ausprägung des Grundsatzes des geringstmöglichen Eingriffs dem Schutz des Vollstreckungsschuldners dient, kann dieser darauf verzichten (App/Dr. Wettlaufer, Verwaltungsvollstreckungsrecht, 4. Aufl.. § 28 RdNr. 3). Dies ist hier der Fall. Die Antragsgegnerin betreibt seit dem 19.03.2007 auch die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen des Antragstellers. Mit Schreiben vom 20.11.2007 hat der Antragsteller bei der Antragsgegnerin beantragt, diese Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ruhen zu lassen. Mit Schreiben vom 28.03.2008 hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller das Ruhen des Verfahrens hinsichtlich der Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen bewilligt.

Der Beschluss beruht hinsichtlich der Kosten auf § 154 Abs. 2 VwGO und hinsichtlich des Streitwertes auf §§ 47 Abs. 1; 52 Abs. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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